schlicht gelassen.
Gedanken zu einer Spur.
Es gibt Worte, die einen Raum öffnen, wenn man anfängt sie innerlich auszusprechen. 'schlicht gelassen.' ist für mich so ein Wortpaar. Es kommt mir in den Sinn, während ich den Titel für die nächste Ausstellung suche. Ich denke an den feinen Raum für die Skulpturen. Und an die Gespräche mit Maresa Mohilo-Bichay, mit der der Raum für die Ausstellung entsteht. Wir sprechen über Anstrengung und Gleichgewicht. Über sanfte Hingabe und eigenständiges Erblühen.
schlicht gelassen. öffnet den Raum, um weiter darüber nachzudenken. Und nachzufühlen. Denn schlicht gelassen. kann auf verschiedene Weisen betont werden. Und dabei entstehen verschiedene Bedeutungsebenen.
Auch wenn ich hinter schlicht gelassen. gerne einen Punkt setze, ist es kein fertiger Satz, sondern eher eine Geste. Ein Innehalten. Eine Einladung.
schlicht gelassen. ist also Titel der Ausstellung bei MAMO INTERIORS in Ulm - und gleichzeitig der Beginn einer neuen Werkserie. Bei beiden ist es mein Anliegen, die verschiedenen Bedeutungsebenen weiter zu erkunden, mit einzubinden und aus dieser Haltung heraus zu wirken.
Das könnte bedeuten, auf formaler Ebene reduziert und klar zu sein, auf emotionaler Ebene gelassen und ruhig. Und auf der Handlungsebene etwas bewusst sein zu lassen. Loszulassen.
Zuerst soll es um die Ebene der Form gehen. 'schlicht gelassen.' Um die Idee einer klaren Gestaltung, die konzentriert ist und Präsenz schafft. Die nicht laut auftrumpft, sondern sich ruhig zurücknimmt. In der Bildenden Kunst wie auch im Interior Design spricht man dann von Reduktion, von Minimalismus – aber für mich ist es mehr als ein Stil. Es ist ein Vertrauen in das, was sich nicht erklären muss.
Eine schlichte Form lässt Raum – für den Blick, für Stille, für eigene Gedanken. Sie wirkt wie eine Pause im überladenen Alltag, ein Gegenüber, das nicht bewertet, nicht festhält.
Wenn ein Objekt still ist, verändert sich auch der Raum darum – und wer diesen Raum betritt, spürt vielleicht: Hier darf etwas absinken. Hier darf ich anders anwesend sein.
Meine Skulpturen folgen dieser Idee. Sie sind keine Antworten, sondern Landschaften – durchlässig, klar, ruhig. Und sie lassen etwas offen. Bewusst.
Ganz organisch öffnet sich daraus eine emotionale Ebene (sprich es gern einmal laut aus und verlagere dabei den Schwerpunkt der Betonung. 'schlicht gelassen.')
Dann liegt in den beiden Worten eine Haltung. Eine, die nicht gleich reagiert, nicht auf alles anspringt. Sondern die gelassen bleibt – nicht aus Gleichgültigkeit, sondern aus innerer Verankerung.
Ich denke an besondere Situationen im Leben, oder ganz einfach an das alltägliche gefordert sein. Und wie wohltuend es ist, dann einen tiefen Atemzug zu tun. Oder zwei. Etwas nicht zu bewerten. Oder loszulassen, was sich verfangen hat.
In diesem Sinne ist „schlicht gelassen.“ auch eine Übung: im Nicht-Tun, im Nicht-Bewerten, im Sein-Lassen.
Ein Herz, das nichts beweisen will, schlägt am leichtesten.
Detail der Skulptur ‘vom Werden und vom Sein (eigen Sinn)’, Fränkischer Jura Kalkstein, 2024
Und dann ist da noch diese dritte Bedeutungsebene: etwas schlicht gelassen haben.
Ein Loslassen, das nicht traurig sein muss. Eine aktive Entscheidung. Vielleicht sogar ein Akt von Würde.
Ein Innehalten, ein Sich-Abwenden – ohne Drama, ohne Lärm. Einfach, weil der eigene Weg ein anderer ist. 'Segne, was dir nicht entspricht und gehe ruhig deinen Weg weiter' ist ein Spruch, der mir dazu in den Sinn kommt.
Und der stark mit meiner künstlerischen Arbeit verwoben ist. Denn auch das Arbeiten am Stein fordert immer wieder dieses: Loslassen. Nicht festhalten. Nicht kontrollieren wollen.
Es braucht Mut, leicht zu bleiben, wo Schwere gewohnt ist.
So ist aus den Überlegungen zu einem Ausstellungstitel eine Spur geworden.
Eine Spur, der ich gestalterisch, gedanklich und innerlich weiter folge.
Informationen zur Ausstellung 'schlicht gelassen' hier.